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Andreas Deffner: Heimathafen Hellas

  914 Wörter 3 Minuten 606 × gelesen
2018-07-30 2018-07-30 30.07.2018

Der Griechenlandliebhaber und Autor Andreas Deffner hat im Oktober 2015 sein viel erwartetes neues Buch mit dem Titel „Heimathafen Hellas“ vorgelegt. Nach „Das Kaffeeorakel von Hellas“ und „Filótimo!“, in denen Deffner Spaziergänge  mit Griechen durch deren Alltag unternommen hat, ist sein neues Werk ein Rückblick auf 22 Jahre in seiner „zweiten Heimat“. Das Buch ist eine Liebeserklärung an ein Land, das von Sonne, Meer und Lebensfreude lebt. In 22 Kapiteln lässt Deffner seine Griechenlanderfahrungen der vergangenen Jahre Revue passieren. Er berichtet von wahren Geschichten rund ums Meer, von seinem ersten Besuch bei Poseidons Sohn Perikles, von Fahrten an Bord von Käpt`n Stavros Schiff bis hin zum morgendlichen Sportprogramm an Aristides‘ Strandkiosk.

Im Sommer 1993 reiste der Autor erstmals nach Griechenland. Gemeinsam mit seinem Freund „Finne“ bestiegen sie im Ruhrgebiet den kleinen, alten Ford Escort und machten sich auf den Weg. Von Italien aus wollten sie die Autofähre nach Griechenland nehmen, doch bereits auf dem Weg dorthin erlebten sie ihre ersten Abenteuer. Wie ein neuzeitlicher Odysseus berichtet Deffner von seiner Jungfernfahrt über die Adria in eine neue Welt namens Hellas. Es entspinnt sich die Geschichte einer Odyssee mit lustigen, traurigen und unglaublichen Erlebnissen. „Heimathafen Hellas“ wird so zu einem Urlaubsbuch für Griechenlandversteher und solche, die es noch werden wollen. Für all diejenigen Menschen, die bereits sagen: „Ellada s´agapo - Griechenland ich liebe dich!“, ist es ein Muss. Die liebevolle Wortwahl, der sprachliche Charme und die teils tiefgründige Komik lassen den Leser von der ersten bis zur letzten Seite verstehen, dass es der Autor ernst meint mit seiner Liebeserklärung an Hellas.

Bereits in Kapitel 2 erreichen die Abenteurer mit ihrem Ford nach zwei anstrengenden Nächten auf der Adriafähre ihren „Heimathafen“ in Hellas. Im Urlaubsparadies Toló erwartet sie bereits die Familie des früheren Kunstlehrers, warten Freunde und Bekannte aus Deutschland sowie die Familie um Perikles Niotis. Der Inhaber der Taverne „To Neon“ entpuppt sich als lebensfroher, waschechter Grieche, der jungen Touristinnen ebenso nachpfeift, wie er älteren Damen elegant ihre Speisen serviert. Beim Abendessen in großer Gesellschaft, der typisch griechischen Parea, läuft dem Leser zum ersten Mal das Wasser im Munde zusammen. Mit einem detaillierten Blick für authentisches griechisches Essen beschreibt der Autor die vielen kleinen Vorspeisen und leckeren Hauptgerichte. So wähnt sich der Leser kulinarisch sofort auf der nach Lammkoteletts und gefüllten Tomaten duftenden Mittelmeerterrasse. Das echte griechische Leben setzt sich in den illustren Kapiteln, wie der von einem flinken Kellner mit vielen kleinen Vorspeisen üppig gedeckte Tisch, appetitanregend zusammen. Zeile um Zeile versteht man mehr von der hellenischen Seele, wird nach und nach eins mit den Protagonisten des griechischen Alltags und greift wie selbstverständlich zum nächsten hellenischen Häppchen.

Aber nicht nur die vielen leckeren Speisen tauchen regelmäßig in den verschiedenen Kapiteln wieder auf. Auch der urige Kapitän Stavros wird zu einem Hauptdarsteller, dessen Anwesenheit man nicht mehr missen möchte. Der alte Seebär, der sich einen Lebenstraum erfüllte und sich mit einer kleinen Segeljacht alleine aus seinem US-amerikanischem Exil auf den Weg nach Hause, nach Griechenland machte, überquerte als Einhandsegler den Atlantik, bevor er fast zufällig vor der Haustür von Perikles in Toló an Land ging. Dort wurde er zu einem fast echten Mitglied der Familie Niotis und zu einem wahren Freund des Autors. Die geselligen Abende an Land und die lustigen Anekdoten auf des Kapitäns Schiff, lassen „Heimathafen Hellas“ immer wieder auch zu einem mitreißend komischen Buch werden. Als schließlich Käpt`n Stavros nach einem alkoholisierten Badeausflug rittlings über Bord geht, stockt dem Leser nicht zum letzten Mal der Atem. Noch blutiger als die Schrecksekunde auf der Segeljacht gestaltet sich im Kapitel „Barrenturnen mit Bodenkontakt“ der Arztbesuch einer bayerischen Touristin beim Dorfarzt in Toló. Mit viel Einfühlungsvermögen vermittelt Deffner zwischen dem angetrunkenen Doktor und der schwer verletzten Rentnerin. 

Es sind diese Sprünge zwischen heiteren Anekdoten und bitteren Erlebnissen, welche die Lektüre von „Heimathafen Hellas“ nie langweilig werden lassen.

Der Leser erfährt viel über die griechische Mentalität, die alltäglichen Eigenheiten der Hellenen und des mitunter willkürlich erscheinenden politischen Systems. So wird etwa im Kapitel „Fisch und Fakelaki“ sehr anschaulich am Beispiel einer Fischerfamilie dargestellt, was es mit dem so niedlich klingenden Wort „Fakelaki – Briefumschlägchen“ auf sich hat. Fisch spielt im Übrigen wiederkehrend eine wichtige Rolle in „Heimathafen Hellas“. Toló, das kleine Fischerdorf auf der Peloponnes, bietet dafür die perfekte Kulisse. Vor dieser erlebt der Leser einen mit Poseidons Dreizack aufgespießten Seeteufel, den von einem Priester zu segnenden Fagrí, einen beim Kräutersammeln gefundenen Zackenbarsch und sogar einen Fisch namens „Germanos“. Letzteren wollen die alten Fischer des Dorfes am liebsten sofort in „Merkel“ umbenennen.

Neben den zahlreichen Fischgeschichten finden sich aber auch andere Tiere in wichtigen Rollen. Eine Armee Kakerlaken überrascht ebenso wie der achtbeinige Oktopus, der comicähnlich den Autor zum Schwitzen bringt. Wer lieber zu gefiederten Haustieren greift, ist im Kapitel „Pfeifen Georgios‘ Vogelparadies“ bestens aufgehoben. Erst als der Wirt von seinem Leibgericht erzählt, ist der geneigte Leser schnell bereit, die Pfanne mit gebratenem Ei und Spatz gegen ein auf Holzkohle gegrilltes Souvlaki einzutauschen.

Zu jedem der 22 Kapitel liefert Deffner ein passendes Kochrezept. Von kleinen schafskäsegefüllten Blätterteigtaschen über Spaghetti mit Garnelen und Feta bis hin zu gebackenen Muscheln im Bierteig ist fast alles dabei, was den kulinarischen Griechenlandurlauber den Retsina ins Weinglas gießen lässt.

„Heimathafen Hellas“ ist eine ausgezeichnete Wahl in Vorbereitung auf einen authentischen Griechenlandabend mit Freunden, wenn es in geselliger Runde darum gehen soll, Alltagsgeschichten zu erzählen, Seemannsgarn zu spinnen und dabei gemütlich in „parea“ zu speisen und zu genießen. 

„Heimathafen Hellas“ ist erschienen im Größenwahn Verlag Frankfurt am Main und kostet 21,90 €.
www.abenteuer-griechenland.eu
www.groessenwahn-verlag.de